Geschichte der Wolgadeutschen
Приложение к статье: Гютляйн (Гютлейн, Гитлейн) Иосиф Яковлевич

Korrespondenz aus Rohleder (Gouv. Samara)

Die Pfarrei Rohleder, Dekanat Katharinenstadt, hat den Verlust ihres langjährigen Pfarrers zu beklagen, – P. J. Gütlein ist nach Preiß überführt. 18 ½ Jahre hat der Hochw. Herr rastlos in unserer Mitte gearbeitet und dadurch die Herzen aller an sich gekettet, und nun muss es geschieden sein; doch wir werden ihn nie vergessen. Als er im Herbste 1879 seinen Posten antrat, wurde er nicht begeistert empfangen, denn die Pfarrei hing an seinem Vorgänger P. Jakob Dombrowsky und glaubte, dass der junge Herr jenen nicht ersetzen können werde. Aber es dauerte nicht lange, da waren wir überzeugt, dass unser junger Pater von guten Grundsätzen geleitet wurde: er war liebreich und sanftmütig im Umgange mit seinen Anvertrauten. Darin liegt aber eine Kraft, die über jede Schwierigkeit hinweghilft; das sehen wir klar im Wirken unseres vielgeliebten Seelsorgers. In ihm erkannten wir alsbald einen innigen Verehrer der Allerseligsten Jungfrau Maria und einen Mann des Gebetes.  Stand er auf der Kanzel, so lauschten wir seinem beredten Munde Predigten ab, die uns in höchstem Grade gefielen.  Es waren das schöne Unterweisungen in den christlichen Religionswahrheiten, die so manchen Irrtum unter uns beseitigt und an dessen Stelle das Wahre gepflanzt haben. Zum Wahren paarte sich das Gute, und um die Sittlichkeit war es bald besser bestellt.  Er unterließ es nicht, uns jene löblichen Andachten zu empfehlen, die eine Stütze der guten Vorsätze sind.  Noch vor einem Jahre führte er die öffentliche Anbetung des Allerheiligsten Altarssakramentes ein.  Die oft wiederholten Predigten über die Wirkungen der hl. Sakramente wurden mit einem starken Zudrang zu denselben gekrönt. In der Kirche erfreute uns Ordnung und Schönheit.  Für Auge und Ohr wurde dadurch gesorgt, dass der beliebte Seelenhirt einen schönen aus Nussholz verfertigten Altar herstellen ließ und auf die Chorbühne eine Orgel brachte.  Desgleichen wurden wir sehr erfreut, dass der Hochaltar mit einem würdigen Bilde des Kirchenpatrons, des  hl. Antonius von Padua, seine Zierde erhielt.  Dem beleidigenden Tone der zersprungenen Glocken im Kirchenturme wurde ein Ende gemacht. Kurz, überall stießen wir auf die Tätigkeit eines eifrigen Seelsorgers, überall sahen wir ihn helfen, wo er nur konnte.  Wir hatten uns daran gewöhnt, in seiner Person nicht bloß den Seelenarzt zu finden, sondern auch einen vortrefflichen Ratgeber in körperlichen Leiden zu haben.

Keine Feder vermag all das Gute zu beschreiben, das wir von Gott durch die Hand unseres teuren Pfarrers empfangen haben. Von Herzen wünschen wir ihm, dass der Spender aller guten Gaben ihm an seinem neuen Wirkungskreise noch eine reichliche Ernte bescheren möge und empfehlen uns für immer seinem kräftigen Gebete.

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Klemens, Nr. Nr. 34 vom 20. Mai 1898, S. 523-524.