Geschichte der Wolgadeutschen
Приложение к статье: Шнейдер Александр Петрович

Alexander Petrowitsch Schneider
(Александр Петрович Шнейдер.)
Von A. Reichert.

Alexander Schneider ist der Sohn eines Bauers der Kolonie Dinkel an der Wolga. Schon als Schüler lenkte er die Aufmerksamkeit der Lehrer auf sich. Sein Wissensdrang war so stark, daß er immer da zu finden war, wo er etwas lernen konnte. Da sein Vater eine zahlreiche Familie hatte und wenig Mittel besaß, so konnte er es seinem Sohne nicht ermöglichen, in eine Lehranstalt zur weiteren Ausbildung einzutreten. Doch der junge strebsame Mensch hatte sich vorgenommen, Bildung zu erwerben und Lehrer zu werden. Mit eisernem Willen betrat er den schweren Weg der Selbstbildung. Einige Monate war er in Warenburg bei einem Lehrer und brachte es so weit, daß er sich die Rechte eines Volksschullehrers erwerben konnte. Schwer, sehr schwer war der Weg, den der junge Mann gehen mußte, bis er diese erste Stufe, die ihn seinem Ziele näher führte, erreicht hatte Nachdem er sich die Rechte eines Lehrers erworben hatte, sehen wir ihn als Lehrer gewissenhaft arbeiten und dabei immer, immer lernen. Die Hauptzüge seines Charakters: eiserner Willen, Ehrlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Strebsamkeit konnten schon zu jener Zeit bei ihm festgestellt werden. Daher ist es einleuchtend, daß er bald Lehrer an einer Mittelschule wurde.

Ein Mensch wie Schneider, der alles beobachtete, alles sah, der außerdem immer um das Dasein zu kämpfen hatte, dem die Not immer auf dem Fuße folgte, konnte nicht nur Lehrer werden, sondern mußte Volkslehrer werden; er mußte ein Kämpfer für die Freiheit seiner Brüder und aller Geknechteten werden, und er wurde es.

Schon 1905 sehen wir ihn als jungen feurigen Revolutionär für Recht und Wahrheit kämpfen. In der Zeit der stärksten Reaktion arbeitete er unausgesetzt weiter, und bei der zweiten Revolution sehen wir ihn schon als einen unserer Führer an der Spitze der Revolutionsbewegung unserer Kolonien. Er war als Mitglied unseres ersten Gebiets-Vollzugskomitees und als Leiter der Verpflegungs-Abteilung vom 1. Räte-Kongreß gewählt. Den allerschwersten und verantwortlichsten Posten mußte er einnehmen, und hier hat er unserem Volke unberechenbare Dienste geleistet. Er war und blieb der Revolution getreu und verstand es auch, wo und wann nötig, die Interessen unseres Gebietes zu vertreten und vor Willkür und Übergriffen zu schützen. Wie vielen armen Bauern, die, von unlauteren Elementen aufgestachelt, unbesonnen an den konterrevolutionären Aufständen teilnahmen, wurden durch sein taktvolles und rechtzeitiges Eingreifen gerettet. Auf der Bergseite, besonders in Norka, weiß man, was alles A. Schneider getan bat, um die belogenen und betrogenen Bauern, die an einem Aufstand teilnahmen, zu retten. — Alle und alles, was zu retten war, rettete er durch seine eifrige Fürsprache. Für die Interessen der Arbeiter und Bauern hat er gekämpft und gelitten. Mit einigen andern Genossen, unter denen auch der Schreiber dieser Zeilen war, wurde er verhaftet und mußte einige Monate im Kerker schmachten. Nie hat er den Mut verloren und glaubte immer fest, wenn wir anderen alle zweifelten, an den Sieg der Wahrheit und des Rechts. Er wurde, nachdem er einige Monate verbannt war, abermals zurückgerufen und abermals mit der allerschwersten und allerverantwortlichsten Arbeit betraut. Er mußte nach Berlin fahren, um dort das Lügennetz der Konterrevolution unserer Wolgakapitalisten zu zerreißen und außerdem Handelsbeziehungen mit deutschen Firmen anzubahnen. Auch diese schwere Arbeit hat er glänzend durchgeführt. Von Berlin zurückgekehrt, rief er die Deutsche Wolgabank ins Leben, die jetzt schon Großes geleistet bat im Kampf mit dem wirtschaftlichen Ruin und die in Zukunft die Zentralstelle und die Lebensader zum wirtschaftlichen Aufschwung unserer Republik sein wird.

Im Interesse dieser Sache wurde Alexander Schneider nach Amerika geschickt, um unsere Brüder drüben für diese große Sache zu gewinnen. Wir können mit Stolz auf diesen unseren Vertreter Hinweisen und mit ruhigem Gewissen unseren Brüdern drüben sagen: Al. Schneider braucht sich seiner Vergangenheit nicht zu schämen; er hat für unsere Kolonien alles getan, was nur einer tun kann. Jeder Angriff unserer Feinde und alle Lügen, die man aufbringt, um diesen würdigen Vertreter unserer Republik zu beschimpfen, werden widerlegt durch die Gemeindebeschlüsse, die ihm, dem Gen. Schneider, das volle Vertrauen unserer Gemeinden aussprechen und empört und voller Verachtung alle unsere Feinde als freche Lügner stempeln. Al. Schneider ist ein Ehrenmann im wahren Sinne des Wortes, er hat kein eigenes Ich; er hat gelebt, gearbeitet, gekämpft für seine Brüder und wird es auch in Zukunft tun, da er sich selbst nicht untreu werden kann. Unseren Brüdern drüben zur Lehre und ihm zum Trost rufe ich über den Ozean hinüber das Dichterwort zu:

Wenn dich die Lästerzunge sticht,
So laß dir dies zum Troste sagen:
Die schlechtsten Früchte find es nicht,
Woran die Würmer nagen!


Unsere Wirtschaft, Nr. 3 vom 15. Februar 1924, S. 70-71.