(4. 8. 1907 - 6. 11. 2001)
Die Historische Kommission in Berlin hatte 1991 zu einer Konferenz eingeladen; Wissenschaftler verschiedener Disziplinen tauschten sich über den Reisenden und Naturforscher Peter Simon Pallas (1741-1811) aus. Auch Erik Amburger kam dazu. Einige seiner Arbeiten kannte ich, konnte ihn aber erst damals sprechen. Seine und meine Vorfahren hatten sich in St. Petersburg getroffen. Die Publikationen von Erik Amburger sind jedem Historiker bekannt, der sich mit den Beziehungen zwischen Westeuropa und Russland befasst. – Erik Amburger wurde in St. Petersburg geboren, sein Vater, Dr. Nikolai Amburger, war Arzt; seine Mutter Gerda war eine geborene Schottländer – die Vorfahre beider Familien gehörten zu erfolgreichen Unternehmern, die seit Jahrhunderten russische und deutsche Beziehungen förderten. Der erste nachweisbare Amburger kam bereits im Jahr 1770 nach Russland. Erik Amburger besuchte das Gymnasium der Katharinen-Gemeinde auf der Wassilij-Insel. Die Oktoberrevolution zwang die Mutter mit den Kindern zur Ausreise, der Vater wollte folgen, erlag jedoch 1920 dem Fleckfieber. über Reval kam die Familie nach Deutschland, in Heidelberg fand sie eine neue Heimat. Erik Amburger bestand 1926 die Reifeprüfung. Zunächst studierte er an der Universität Heidelberg, dann in Berlin, wo er sich mit der deutsch-russischen Geschichte befasste; das Thema blieb lebenslang. – In Berlin fand er einen ambitionierten Lehrer, der den Studenten zum Examen und zur Promotion führte (1933). Professor Karl Stählin erkannte seine Befähigung und förderte ihn, indem er ihn als Privatassistenten anstellte. Eine Position als Hochschullehrer wurde Amburger durch die politischen Machthaber verwehrt. Karl Stählin starb 1939. Bei Kriegsbeginn wurde Amburger zur Armee eingezogen und konnte, trotz schwerer Verletzungen, den Krieg überleben. Nach kurzer Kriegsgefangenschaft kehrte er 1946 nach Berlin zurück. Professor Max Vasmer, Leiter des Instituts für Slawistik an der Akademie der Wissenschaften (AdW), stellte Erik Amburger ein, sein Forschungsthema blieb - deutsch-russische Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen. Amburger beteiligte sich an den Feierlichkeiten zum 250. Jahrestag der AdW und beteiligte sich bis 1953 an der Leibnizedition. Danach erhielt er von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) ein Stipendium zum Thema Agrar- und Wirtschaftsverhältnisse des europäischen Ostens (Gießen 1957). Nachfolgend bot ihm die Universität Gießen 1957 einen Lehrauftrag an, 1968 erhielt er eine Honorar-Professur an der Universität Marburg. Seit 1956 leitete er die Baltische Historische Kommission und gehörte seit 1961 zum Vorstand der Stiftung Zentralstelle für Personen- und Familiengeschichte. – Die Liste der Veröffentlichungen von Erik Amburger zeugt von dem breiten Spektrum seiner wissenschaftlichen Interessen. In seiner Dissertation ging es um Russland und Schweden 1762-1772 (1934). Am Beispiel zahlreicher Familiengenerationen belegte er die engen wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen deutscher, deutschbaltischer und russischer Unternehmungen, so Die Familie Brandt. Hamburg-Archangel’sk-St.Petersburg-London (1937); Studien zur russischen Wirtschaftsgeschichte (1957); Die Anwerbung ausländischer Fachkräfte für die Wirtschaft Russlands vom 15. – 19. Jh. (1968); Fremde und Einheimische im Wirtschafts- und Kulturleben des neuzeitlichen Russlands (1982). Bedeutend sind die Monographien Geschichte des Protestantismus in Russland (1961) und Die Pastoren der Evangelischen Kirchen Russlands vom Ende des 16. Jh. bis 1937 (1998). – Die einzigartige Sammlung zur Familienforschung erreichte zur Lebzeiten des Autors mehr als 300 000 Personen-Karteikarten. Die DFG sorgte für die Sicherung und Nutzung des Nachlasses von Erik Anburger. (Zugang über Internet: Erik Amburger Datenbank)
Literatur:
Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 1987 u. a.
Internet:
Всероссийское генеалогическое древо: Генеалогический вестник. Выпуск 7. – СПб., 2002
Ostdeutsche Biographie - Persönlichkeiten des historischen deutschen Ostens